Wie wird sich Digitalisierung auswirken?
Seit der Veröffentlichung unseres Buchs „Mastering Digital Transformation“ , kommen viele Kunden mit der Fragestellung auf uns zu: „Wie bzw. was wird sich durch Digitalisierung in meiner Branche ändern?“
Wir können keine pauschalen Aussagen dazu treffen. Wie aber in unserem Buch aufgezeigt, gibt es einen Satz an Regeln, über die sich die Entwicklung von Innovationen antizipieren lässt. Damit ist noch nicht gesagt, wann diese Entwicklungen auch eintreten. Die Abschätzung des Zeitpunktes ist eine wesentliche Erfolgskomponente. Sie ergibt sich aus der Gemengelage der eigenen Position und Macht innerhalb der Wertschöpfungskette (Beeinflussbareit)sowie aus längerfristigen Trends. Die Bestimmung stellt eine eigene Herausforderung dar und ist individuell zu beurteilen.
Die zu erwartenden Änderungen durch die Digitalisierung lassen sich jedoch im Groben antizipieren, wie ich dies am Beispiel für Consumer Goods im Folgenden skizzieren will.
Auswirkungen abhängig von der Gestalt des Gutes
Die Betrachtung beginnt mit einer Segmentierung der Güter selbst. Handelt es sich um Ge- oder Verbrauchsmaterialien? Verbrauchsmaterialien erfahren in der Regel selbst kaum Änderung da ihre Charakteristik primär durch den Kontext des Verbrauchs bestimmt wird. In diesem Kontext ist jedoch der Absatzweg einer möglichen Änderung unterworfen. Durch IoT-gestützte Abgabemechanismen, wie beispielsweise Spender oder Portionierer lässt sich der Absatz verstetigen und die Kundenbindung erhöhen.
Limitierend auf die Möglichkeiten der Digitalisierung kann sich jedoch ein fremdbestimmter Absatzkanal erweisen (B2B2C). Sind Absatzmittler elementar für die Folgebeschaffung, sollte eine Digitalisierung auch Vorteile für die Mittler enthalten. So wäre es möglich, sie an den gewonnenen Informationen und Einsichten über die Konsumgewohnheiten der Verbraucher zu beteiligen, um ihnen durch Kampagnen oder entsprechende Informationen Cross- und Upselling-Optionen zu eröffnen.
Verbrauchsgüter - Digitalisierung des Absatzes
Insbesondere im B2C Geschäft, in dem sich Markenwechsel schnell vollziehen lassen, sollte bei der Ausgestaltung der Digitalisierung der Kundennutzen das Leitmotiv sein
Insbesondere im Consumer-Bereich, in dem ein Markenwechsel oft schnell vollzogen ist, sollte jedoch bei der Ausgestaltung der Digitalisierung der Kundennutzen das Leitmotiv sein. Eine bekannte Consumer-Brand hat vor einigen Monaten ein batteriebetriebenes Abgabegerät für Handseife in den Markt gebracht, welches zwei Aufgaben erfüllt: Zum einen sorgt es durch den Verschluss der Abgabe-Container für eine Monopolisierung des Absatzes. Wer eine solche Füllstation Zuhause hat, wird nur noch geeignete Nachfüllpackungen dieses Herstellers erwerben. Zum anderen erhöht es durch die festgelegte Abgabemenge – diese lässt sich nicht ändern – den Verbrauch. Dieses Vorgehen hat zwar wenig mit Digitalisierung zu tun, illustriert jedoch m.E. sehr schön, wie man sich nicht der Sache nähern sollte.
Ein Digitalisierungsansatz in diesem Kontext würde zum einen den Verbrauch beobachten, diesen zurückmelden und zum anderen ein Abonnement-Modell per Versand unter Ausschluss des Einzelhandels zum Discount von 15 bis 30 Prozent unter Ladenpreis anbieten. Es ist dann eine Frage des Produktpreises ab welcher Bestellmenge sich eine direkte Auslieferung lohnt und ob der Anbieter die erforderliche Lagerlogistik in den Griff bekommt. Je nach Organisationskompetenz und Absatzmenge sollte dies ab einem Warenkorbwert von 25-30 EUR möglich sein. Gegebenenfalls lässt sich eingangs mit externen Partnern und einer eingeschränkten Variantenzahl eine Probe realisieren.
Lösungsansätze
Modelle
Erfahrungen
Mastering Digital Transformation (ISBN 978-3-9816864-1-8)
Buch herunterladenIn diesem eBook geben die Autoren Erfahrungen aus 20 Jahren Digitalisierung
in unterschiedlichen Industrien wider, beleuchten die vielen Facetten,
die das Thema so komplex machen und stellen Lösungsansätze vor bzw. weisen
auf typische Fallstricke hin, die man bei einer erfolgreichen Umsetzung kennen sollte.
Dabei ist das Buch keine unidirektionale Sendeveranstaltung. Es ist die Einladung
zu einem Dialog und wächst mit der Zeit. Lesen und diskutieren Sie mit anderen Lesern
und den Autoren über Ihre Herausforderungen.
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Gleich hier lesen!Gebrauchsgüter - Digitalisierung des Gebrauchs
Im Falle eines Gebrauchsgutes kann der Vertriebsprozess auch Gegenstand der Digitalisierung sein. Die Gestaltungsoptionen sind jedoch viel weitreichender. So ist nun auch der Gebrauch beobachtbar. Je nach Szenario lässt sich der Gebrauch auch selbst „optimieren“. Auch hier ist stark darauf zu achten, dass die Optimierung nicht aus der Sicht des Anbieters sondern des Kunden erfolgt. Amazon ist nicht primär deshalb erfolgreich, weil es den eigenen EBIT im Fokus hat, sondern weil es den Kundennutzen fokussiert. Letzteres führt zu einer bedingten Loyalität, die eine Bindung erzeugt, welche sich wiederum monetarisieren lässt.
Die Möglichkeiten korrelieren hier natürlich stark mit der Größe, dem Preis und dem Gebrauchsverhalten. Ein erster Ansatzpunkt, der sich sowohl für den Kunden als auch für das Unternehmen auszahlt, sind Nutzungsstatistiken. Dazu gehören Zeitpunkt sowie Dauer, aber auch Nutzungseinstellungen. All diese lassen Gebrauchsmuster erkennen, die eine weitergehende Produktdifferenzierung und Spezialisierung erlauben.
Im gleichen Zuge ist so früh wie möglich auf die Erweiterbarkeit der lokalen Steuerungslösung zu achten, um auch nach dem Verkauf Upselling-Optionen zur eröffnen. Ein sehr interessantes aber bisher nur selten genutztes Muster stellt die kostenpflichtige Freischaltung neuer Features dar. Produkt P1 wurde mit einem Feature Set A erworben. Etwas später erscheint ein neues Produkt P2, das ein neues Features-Set B ergänzt. Mit Hilfe der Upgrade-Option bestehen für den Kunden zwei Möglichkeiten: Entweder er kauft das neue Produkt zum vollen Preis oder er investiert einen zweiten Betrag, um das von der Hardware unabhängige Sub-Set mit der neuen Funktionalität zu ergänzen. Ob dies bereits einen neuen Cash-Stream oder nur eine anteilige Verlagerung der Neubeschaffung erzeugt, bleibt im jeweiligen Fall abzuschätzen und wird typischerweise stark durch das Verhältnis Emotionalität vs. Rationalität im Beschaffungsverhalten der Käufer bestimmt.
Das Upselling ist vergleichbar mit Added-Value-Inhalten. Diese lassen sich entweder in Form eines zusätzlichen Abos oder auf Transaktionsbasis abrechnen. Der Thermomix von Vorwerk ist hier ein schönes Beispiel für das Abonnement-Modell .
Beide Varianten wandeln den One-off-Kunden in eine kontinuierliche Kundenbeziehung mit Geldfluss. Der Traum eines jeden Investors. Das vielleicht erfolgreichste Beispiel hierfür ist Sony’s Playstation, welche sich mittlerweile in der vierten Generation als Plattform für den Vertrieb von Musik, Video und Games-Content mit über 100 Millionen verkauften Einheiten sichtbar etabliert hat. Sony’s Stereoanlagen haben den Weg in das Abo-Modell für Musik dagegen noch nicht gefunden.
Natürlich eignet sich auch nicht jedes Gut als Einkaufs- oder Upselling-Plattform. Marktmacht, Stückzahl, Marktpreis und Interaktionspotenzial stecken hier klar den Rahmen der Möglichkeiten ab. Der Verkauf von Lippenstiften à 3 EUR das Stück wird auch im Internet-basierten Direktabsatz kein wirtschaftliches Geschäft darstellen, wenn sich der Warenkorb nicht vergrößern lässt. Interessant könnte es in einem solchen Szenario aber werden, am Point of Sale mit dem Kunden in Interaktion zu treten, um mehr über ihn und seine Bedürfnisse herauszufinden, um eben diesen Warenkorb – aus Kundensicht – Sinn stiftend zu vergrößern und ggf. das Produktsortiment entsprechend gezielt zu erweitern. Gute Optionen bieten hier Augmented-Reality-Ansätze, die es auch weniger phantasievollen Mitmenschen ermöglichen, sich Erwerb und Auswirkung entsprechender Produkte vorzustellen, bzw. sich für solche Erwerbe begeistern zu lassen.
Investitionsgüter - Digitalisierung der Begleitung
Während die Abgrenzung zwischen Gebrauchs- und Verbrauchsgut noch recht gut nachvollziehbar ist, liegt die Unterscheidung zwischen Gebrauchs- und Investitionsgut nicht so klar auf der Hand. Als Investitionsgut bezeichnen wir Güter, die einem bewussten, längerfristig angelegten, ggf. mit Finanzierung verbundenen Beschaffungsprozess verbunden sind. Im Gegensatz dazu sehen wir Gebrauchsgüter noch unterhalb dieser Schwelle angesiedelt. Die Grenze mag fließend sein, Autos, Häuser aber auch schon hochpreisige Sportgeräte zählen wir zu diesem Segment. Handys, Computer und teure Hauselektronik bilden die Schnittstelle, gehören jedoch im Regelfall eher zu den Gebrauchsgütern.
Im Kontext der Investitionsgüter stellen sinnvolle, digital gestützte Zusatzleistungen, die Einsatz und Gebrauch optimieren inzwischen die Regel dar. So verfügen gute Solaranlagen oder Heizungen bereits heute über ein Online-Reporting der Verbrauchsstatistiken. Übliche Erweiterungen des Geschäftsmodells sind dann Beratungsleistungen, je nach Komplexität online oder offline, bzgl. Optimierungen, Ersatz(teil)bedarfsprognose, Fernwartung und Betriebsverträge. Letztere führen sukzessive zu einem Wandel von der einmalig hohen Anschaffungsinvestition zu einem mehrjährigen, monatlichen Betriebs- und Wartungsvertrag.
Tesla beispielsweise hat kürzlich ein 2.000 USD teures Update für eine verbesserte Motorenleistung angeboten – ein Upselling-Moment, von dem BMW, Audi und Mercedes nur träumen können. Das hilft die 100 Mrd. USD Marktkapitalisierung zu verstehen!
300.000 verkaufte Autos (S-Model) * 25% Akzeptanz * 2.000 USD = 150 Millionen USD zusätzlicher Umsatz aus der verkauften Basis bei minimalen Herstellungs- und Lieferkosten und direkter Zahlungsbeziehung zum Kunden
Ihnen ist noch unklar, wie sich die Digiatlisierung in Ihrer Branche auswirken wird? Diskutieren Sie mit uns!
Die hierfür erforderliche, technische Grundleistung (Kommunikation, Event-based Messaging, Encryption, Event-Stream-Analyse, Update-Mechanismen und Security etc.) ist inzwischen auch recht weitgehend üblich. Es gibt günstige Hardware-Module, mit welchen auch eine sichere, WiFi-basierte Kommunikation möglich wird. Die grundsätzlichen Steuerungsparameter und vermutlich der Großteil der erforderlichen Statusinformationen liegen in den Geräten zumeist bereits vor. Je nach Grad der proprietären Entwicklung ist der Aufwand, diese von außen zugänglich und konfigurierbar – sowie update-fähig! – zu machen, mehr oder weniger umfangreich.
Interessant sind hier Modelle, welche wiederum das Upselling ggf. erforderlicher Zulieferer einschließen. Durch moderne Bewirtschaftungsverträge, vorausschauende Bedarfs- und Logistikplanung lassen sich den Herstellern vollkommen neue Ertragsströme erschließen.
Anschaffungswerte von Investitionsgütern werden zugunsten von Diensten bzw. Dienstbereitstellung an Bedeutung verlieren!
Diese Entwicklung wird unterschiedlich schnell in den einzelnen Branchen und Segmenten erfolgen. Die Möglichkeit, Anschaffungskosten von Gebrauchsgütern durch Verbrauchsmaterialien zu subventionieren ist jedoch zu verlockend, um sich nicht durchzusetzen. Im Bereich der Drucker ist diese Entwicklung bereits seit langem bekannt: Die Anschaffungspreise sind verschwindend gering im Gegensatz zu den Ersatzteilen oder Verbrauchsmaterialien.
Fazit
Die vorgestellten Beispiele zeigen, dass Digitalisierung eine Menge Chancen bietet. Wie bereits in vorangehenden Beiträgen beschrieben, ist die Ambition, die Zielsetzung des Unternehmers die maßgeblich erfolgsbestimmende Variable im Zuge der Digitalisierung. Betriebswirtschaftlich ist eine Tendenz zu konstanten Einkommensströmen durch Verlagerung von Anschaffungswerten hin zu Abo- und Plattformmodellen zu erwarten.
Von technischer Seite sollte man die Komplexität nicht unterschätzen, entsprechende Lösungen lassen sich in einem konzentrierten Prozess gut umsetzen. Wer sich dabei nicht dazu verleiten lässt, bei der Lösungsfindung nur die neuesten Technologien einzusetzen, kann verlässlich ins Ziel navigieren. Das haben wir bei EACG bereits mehrfach bewiesen.
Sie haben bereits ein klares Ziel, Ihnen fehlt jedoch die Technologie? Oder Sie sind sich nicht sicher, ob Ihre Technologie die Richtige ist?
Voraussetzung für ein gutes Gelingen sind ein klares Zielbild, der entschlossene Wille, dieses zu erreichen, Fokussierung und ein hinreichend langer Atem (s.a. Beitrag Finanzierung). Je nach Unternehmensgröße kann es daher sinnvoll sein, das Vorhaben zusammen mit geeigneten Partnern zu gestalten. Fatal wäre es jedoch, jetzt die Füße stillzuhalten und zu hoffen, dass sich die „Digitalisierung“ von alleine erledigt.